OV Büsum und Umgebung

Kreisverband Dithmarschen

Wahlprogramm des OV Büsum von Bündnis90/Die Grünen zur Kommunalwahl in Schleswig-Holstein am 14.05.2023

Grüne Politik für Büsum: klimaneutral, gerecht und zukunftsfest.

Wir leben in einer Zeit, in der uns alle große Herausforderungen bewegen. Alte Gewissheiten werden brüchig: der Frieden in Europa, unsere gesicherte Energieversorgung. Gleichzeitig spüren wir auch in Büsum die realen Auswirkungen der Klimakrise mit ausbleibenden Niederschlägen im Sommer, Starkregenphasen und ganzjährig hohen Temperaturen.

In diesen besonderen Zeiten wurden parteiübergreifend viele richtige Ansätze auf den verschiedenen Ebenen der Politik entwickelt, an die wir anknüpfen wollen.

Deshalb freuen wir uns, dass wir bei dieser Wahl erstmals für Büsum das Angebot grüner Politik machen können.

Wichtig ist uns dabei neben unseren grünen inhaltlichen Schwerpunkten, dass die Entscheidungsprozesse vor Ort transparent gemacht werden, betroffene und interessierte Büsumerinnen und Büsumer in Diskussionen einbezogen werden und der Diskurs um die richtigen Wege sachlich ausgetragen wird.

Folgende Handlungsfelder sind uns dabei besonders wichtig:

Ortsentwicklung und Verkehr

Wir begrüßen die bereits angelaufenen Prozesse zur nachhaltigen Ortsentwicklung.

Das erarbeitete Verkehrskonzept weist in die richtige Richtung, muss aber auf den ganzen Ort ausgeweitet werden. Der Ortskern soll autoarm gestaltet werden, indem der touristische Parksuchverkehr vermieden und Parkraum am Ortsrand entsprechend geschaffen und genutzt wird.

Der ÖPNV muss dementsprechend bedarfsgerecht in Bezug auf die zeitliche Taktung und die Anzahl der Fahrten ausgeweitet, CO2-neutral und barrierefrei ausgebaut werden. Dies kann z. B. durch den Einsatz von E-Bussen erreicht werden. Ebenso wollen wir darauf hinwirken, dass die Anbindung an den überregionalen Verkehr verbessert wird.

Die Nutzungsmöglichkeiten des „nordseemobils“ sollen zu einem bedarfsgerechten und einfach zu nutzenden Car-Sharing-Angebot für Einheimische und Gäste ausgebaut werden.

Dazu gehört der ortsweite Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur mit einer einfachen Abrechnung.

Im Sinne eines verkehrsarmen Ortes sollte auch die Reduzierung der Belastungen durch den innerörtlichen Lieferverkehr in den Blick genommen werden. Hierzu könnten unter Einbeziehung aller Akteure in einem ersten Schritt gebündelte Anlieferungen, der Umstieg auf E-Lieferverkehr sowie weitere Logistiklösungen ins Auge gefasst werden.

In ganz Büsum soll Tempo 30 eingeführt werden. Um die dafür notwendige Änderung der Gesetzeslage auf Bundesebene zu erreichen, wollen wir der kommunalen Initiative „Lebenswerte Gemeinde durch angemessene Geschwindigkeit“ beitreten. An unfallgefährdeten Stellen, bei denen verschiedene Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer aufeinander treffen, sollte die Einführung von Schrittgeschwindigkeit überprüft werden (z. B. Nordseestraße).

Zur Verbesserung der Fahrradinfrastruktur sind neben einer nachvollziehbaren Beschilderung die Ausweisung von Fahrradstraßen und -wegen, mehr überdachte Stellplätze, Ladestationen für E-Bikes sowie Fahrradreparaturstationen sinnvoll. Die Nutzung der Ladestation sollte dabei mit der Gästekarte kostenfrei sein.

An vielen Stellen fehlen für Kinder und mobilitätseingeschränkte Personen sichere Fußgängerüberwege (z. B. an der Heider Str. und an der Nordseestraße).

Wir begrüßen die derzeitigen Planungen zur Nachnutzung des Tonnenhofs als „Haus der Meere“, in dem unter anderem die Bildungs- und Naturschutzarbeit der Schutzstation Wattenmeer stattfinden soll, deren Tätigkeiten wir gerade als Nationalparkgemeinde noch stärken wollen. Ebenfalls könnte eine Markthalle in den Tonnenhof einziehen, in der regionale Produkte angeboten werden.

Zur nachhaltigen Umgestaltung des Areals gehört eine für alle Seiten akzeptable Lösung für den Bau einer dauerhaften Brücke über den Museumshafen. Die im Ehrenamt tätigen Mitglieder des Museumshafenvereins sind in die Gestaltung einzubeziehen.

Wir setzen uns dafür ein, dass das Engagement der Schutzstation Wattenmeer für den Erhalt des Weltnaturerbes stärker gefördert wird, indem die Wohnsituation der Freiwilligendienstlerinnen und -dienstler verbessert, ausgebaut und die Vernetzung im Ort verstärkt wird.

Die Belastungsgrenze Büsums als Urlaubsort ist in der Hochsaison erreicht, ein weiterer Neubau von Übernachtungsangeboten überfordert die Infrastruktur und die Akzeptanz von Seiten der Einwohnerinnen und Einwohner. Stattdessen unterstützen wir eine qualitative Weiterentwicklung durch Nachverdichtung, energetische Sanierung und Modernisierung des Bestands unter Beibehaltung des traditionellen Charakters des Ortes. Die Entwicklung Büsums hin zu einer nachhaltigen Gemeinde mit dem Schwerpunkt nachhaltiger Tourismus ist als Chance und weitere Aufwertung des Ortes zu begreifen.

Wir begrüßen, dass in der geplanten Neuaufstellung des Landschafts- und Flächennutzungsplans keine weitere touristische Bebauung außerhalb des bisherigen Ortsgebietes vorgesehen ist (Stand: März 2023).

Den weiteren Prozess der Aufstellung wollen wir aktiv unterstützen und darauf drängen, dass zukünftige Bebauungsplanerstellungen und -änderungen entsprechend umgesetzt werden.

Die bestehende Ortsgestaltungssatzung soll im Sinne eines ansprechenden Gesamtbildes angepasst werden sowie im gesamten Ortsgebiet gelten und eingehalten werden.­

Wirtschaft

Der Umbau der ansässigen Wirtschaftsunternehmen zur Klimaneutralität soll durch die Gemeinde aktiv begleitet werden.

Der Hafen ist wesentlicher Bestandteil der Wirtschaft von Büsum. Fischerei und Warenumschlag sowie die produzierenden Gewerbe tragen einen wesentlichen Anteil zum Wirtschaftsstandort bei. Wir sind für eine zukunftsgerichtete Entwicklung des Fischerei- und Werftstandorts, der sich an der Lösung der aktuellen Nutzungskonflikte aktiv beteiligt. Hier sind beispielhaft die Weiterentwicklung der Fangmethoden in der Kurren- und Schleppnetzfischerei sowie verstärkte Einbindung regenerativer Energieträger in die Kraftstoff- und Energieversorgung bei allen Hafenbetrieben zu nennen.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, muss weiterhin bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, z. B. durch genossenschaftlichen Wohnungsbau. Hier ist auch die Kreativität und Bereitschaft der größeren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gefordert. Wir begrüßen und unterstützen die bereits bestehenden Aktivitäten in der Wohnraumbereitstellung einzelner Betriebe.

Umwelt und Klima

Die schon jetzt spürbaren Auswirkungen des Klimawandels erfordern auch in Büsum eine Anpassung der Bepflanzung und Begrünung im Ort. Die Pflege der gemeindlichen Grünanlagen muss sich weitestgehend daran orientieren. Wo Grünanlagen und auch Einzelbäume bestehen und geplant werden, sollen diese nicht nur „Begleitgrün“ sein, sondern auch innerorts aufgewertet werden. Eine angepasste Standraum- und Standortzumessung mit ausreichend durchwurzelbarem Boden gehören dazu. Beides beeinflusst das Klima innerorts positiv, gerade bei einer dichter werdenden Bebauung. Außerdem müssen Beschattungen und Wasserspender im Ort und am Strand eingeplant werden.

Das Projekt „Mut zur Wildnis – Jede Blüte zählt“ der Schule am Meer soll weiterhin unterstützt werden.

Ebenso stehen wir dafür ein, dass das bereits bestehende Verbot von Schottergärten konsequent umgesetzt wird (§ 8 LBO).

Wir machen uns stark für mehr Dachbegrünungen, die einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten, die Artenvielfalt fördern und der Wasserrückhaltung dienen.

Wir begrüßen die Schaffung der Stelle einer Klimabeauftragten aus Fördermitteln des Landes. Da die Arbeit mit der Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes nicht erledigt ist, sondern eine fortwährende Überprüfung der gesetzten Ziele sowie Anpassung der beschlossenen Maßnahmen notwendig ist, muss eine unbefristete Stelle entstehen und besetzt werden.

Um Büsum klimaneutral zu machen, ist es erforderlich, auch vor Ort Energie zu erzeugen. Neben der Nutzung von öffentlichen Gebäuden für Photovoltaik und Solarthermie muss es auch Unterstützung und Beratung für Privatpersonen geben, damit bestehende Fördermöglichkeiten in Anspruch genommen werden können. Photovoltaik-Module auf Garagen, Carports sowie auf Parkplatzüberdachungen, insbesondere bei Großparkplätzen, sollten zukünftig zum Ortsbild gehören.

Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen soll künftig die Nutzung von Solarenergie vorgeschrieben werden. Auch müssen hier fossile Brennstoffe ausgeschlossen werden, um klimaneutrale Neubaugebiete entstehen zu lassen. Ebenfalls soll darauf hingewirkt werden, dass bei Dachsanierungen von Privat- und Gewerbeimmobilien Photovoltaikanlagen installiert werden.

Für den Fuhrpark der Gemeinde sollen wo immer möglich emissionsfreie Fahrzeuge angeschafft werden.

Wir unterstützen die von der Nachhaltigkeitsbeauftragten gemeinsam mit anderen Akteuren entwickelte Initiative „Moin Mehrweg“ als ersten Schritt zur notwendigen Müllvermeidung. Dazu gehört ein gut umsetzbares ortsweites Mülltrennungskonzept.

Den Beschluss zum ausschließlichen Einsatz von Mehrweggeschirr bei öffentlichen Veranstaltungen sowie in den gemeindlichen Einrichtungen befürworten wir. Um die tatsächliche Umsetzung zu verstärken, sollten Beratungs- und Unterstützungsangebote entwickelt und vermittelt werden.

Im Interesse des Schutzes des Naturraums Wattenmeer sowie der Müll- und Lärmreduzierung und der allgemeinen Sicherheit sind wir für das Verbot von privatem und öffentlichem Feuerwerk.

Soziale und vielfältige Gesellschaft

Unser Ziel ist eine starke und solidarische, eine inklusive und vielfältige Gesellschaft.

Büsum besitzt in vielen Bereichen eine gute hauptamtliche und engagierte ehrenamtliche soziale Infrastruktur.

Die vorhandenen Angebote der gesundheitlichen Daseinsvorsorge durch das Ärztezentrum, die Kindertagesstätten, die Offene Ganztagsschule, die Schulsozialarbeit und das Jugendzentrum bieten dafür eine gute Basis.

Diese wird durch die ehrenamtliche Arbeit des sehr aktiven Seniorenbeirats und des Nachbarschaftshilfevereins, der Tafel und der Geflüchtetenhilfe ergänzt. Auch der TSV Büsum und der DLRG-Ortsverein leisten einen wichtigen Beitrag. Die hier bisher geleistete Unterstützung durch die Gemeinde wollen wir v. a. mit Blick auf die benötigten Räumlichkeiten ausbauen. Das bestehende Sanierungskonzept für die Mehrzweckhalle muss ausgebaut und umgesetzt werden.

Wir unterstützen insbesondere das Konzept der „Offenen Jugendarbeit“ des JuZ, das allen Kindern und Jugendlichen ohne Verpflichtung offen steht und einen wichtigen Anlaufpunkt auch in schwierigen Situationen bietet. Wir setzen uns dafür ein, dass neben einer stärkeren Präsenz im Ort eine Vernetzung mit anderen Akteuren aufgebaut wird, so dass Angebote der Demokratieförderung und Präventionsarbeit noch besser umgesetzt werden können.

Wir machen uns dafür stark, dass die Arbeit der Gleichstellungsbeaufragten mehr gewertschätzt wird. Die Umsetzung der Istanbulkonvention („Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt") vor Ort ist dabei ein wichtiger Baustein. Darüber hinaus unterstützen wir das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern auch in der paritätischen Besetzung von Gremien und der Öffentlichkeitsarbeit.

Wir freuen uns, dass die im letzten Jahr geschaffene Möglichkeit, zum Christopher Street Day an öffentlichen Gebäuden die Regenbogenflagge als Zeichen für Toleranz und Vielfalt zu hissen, seitens der Gemeinde genutzt wurde. Wir setzen uns dafür ein, dass dieses Zeichen so häufig wie möglich zu sehen ist.

Wir begrüßen es, dass die mit Personen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen besetzte Steuerungsgruppe der Fairtrade-Gemeinde daran arbeitet, die erneute Zertifizierung zu erreichen.

Durch das Kinder- und Jugendparlament im Amtsbereich wird die politische Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Unterstützung der Ehrenamtskoordinatorin ermöglicht. Um die Situation der Kinder besonders in den Blick zu nehmen, möchten wir uns im Rahmen der UNICEF-Initiative auf den Weg zu einer „Kinderfreundlichen Kommune“ machen.

Ein sehr guter Schritt in diese Richtung ist die Verlängerung des einmal pro Woche freien Schwimmbad-Eintritts für Büsumer Schülerinnen und Schüler. Hierbei ist aus unserer Sicht zu prüfen, ob diese Regelung nicht auf eine tägliche Nutzung außerhalb der Hauptsaison ausgeweitet werden kann. Zudem sollten auch Büsumer Kinder und Jugendliche, die nicht in Büsum zur Schule gehen, berücksichtigt werden.

In den letzten Jahren wurde im Hinblick auf die Barrierefreiheit im Ort einiges auf den Weg gebracht, es bleibt aber weiterhin viel zu tun. Neben den bereits erwähnten notwendigen Straßenquerungen ist im Ort der flächendeckende Bau von weiteren öffentlichen, barrierefreien Sanitäranlagen mit Wickelmöglichkeiten notwendig. Wir streben an, dass auch vor Ort eine ehrenamtliche Stelle für eine/n Beauftragte/n für Menschen mit Behinderung eingerichtet wird, um deren Belange in den Blick zu nehmen.

Wir unterstützen die Einrichtung eines zentral gelegenen Büsum-Treffs als frei zugänglichem Ort der Begegnung sowie als Treffpunkt für Vereine und andere Gruppen. Die anstehenden Veränderungen bei der Feuerwehr und der Verwaltung bieten gute Möglichkeiten, zentral gelegene Bestandsgebäude für die Menschen in Büsum umzugestalten und den dringend benötigten öffentlichen Raum als „engagementfreundliche Infrastruktur“ (Nachhaltigkeitsstrategie Zukunftsfähiges Schleswig-Holstein) zur Verfügung zu stellen.

Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum für Einkommensschwächere in Büsum. Hier ist dringend zu prüfen, welche Möglichkeiten der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum aus dem Bestand zu generieren sind und inwiefern neuer preisgebundener Wohnraum zu schaffen ist.