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Beschluss der Grünen auf dem Landesparteitag am 13.5.2007:

"Klima konkret. Keine Kohlekraftwerke in Schleswig-Holstein und anderswo"

Der fossilatomare Weg ist Vergangenheit. Wir lehnen jeden Zubau an Kohlekraftwerken in Schleswig-Holstein ab. Mit den geplanten Kohlekraftwerken werden alle Bemühungen, den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen in Schleswig-Holstein zu begrenzen, für viele Jahrzehnte zerschlagen. Stattdessen brauchen wir jetzt die ökologische Energiewende und den Aufbruch in das Solarzeitalter.

Der aktuelle Klimabericht der UNO stellt unmissverständlich fest, dass die Menschheit noch bis zum Jahr 2020 Zeit hat um gegenzusteuern.

Trotz dieser Kenntnisse, trotz eines stark gewachsenen Bewusstseins um die Folgen des drohenden Klimawandels unterstützt die Landesregierung den Neubau von Großkraftwerken, die als Kondensationsanlagen mit Kohle befeuert werden sollen. Die technische Lebenszeit dieser Kraftwerke beträgt mehr als 40 Jahre.

In Kiel soll ein neues Kohlekraftwerk gebaut werden mit einer Leistung von 1,1 Gigawatt.

Das bedeutet 30 Meter hohe Berge an Kohlevorrat, 1,8 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr, ein riesiges Kesselhaus von 120 Metern Höhe, ein Schornstein von 180 Metern und als besonderen Beitrag zur Kieler Woche unter dem Motto "Wie gut könnt ihr segeln?": Einhunderttausend Kubikmeter Kühlwasser Einsaugung / Ausstoß pro Stunde.

Das geplante Steinkohle-Großkraftwerk in Kiel wird jährlich 7 Millionen Tonnen CO2 in den Kieler Himmel blasen.

In Brunsbüttel soll in einem Fall ein Kraftwerk mit einem je 0,8 Gigawatt Doppelblock gebaut werden. An anderer Stelle in Brunsbüttel soll ein weiteres 0,8 Gigawatt Großkraftwerk entstehen.

Allein diese Vorhaben summieren sich auf unvorstellbare 3,6 Gigawatt Leistung und damit soviel wie alle Atomkraftwerke in Schleswig-Holstein zusammen.

Der Weg zum Ausbau der effizienten Wärme-Kraft-Koppelung wird damit ökonomisch blockiert.

Obwohl Schleswig-Holstein zu den von einer Erhöhung des Meeresspiegels weltweit am stärksten betroffenen Regionen zählt, tritt die rot-schwarze Landesregierung den Klimaschutz mit den Füssen.

Obwohl Schleswig-Holstein weltweit zu den führenden Regionen der Erneuerbaren Energien zählt, beschreitet die rot-schwarze Landesregierung brutal den Weg der Verbrennung fossiler Energieträger.

Obwohl Schleswig-Holstein wie alle Regionen weltweit nur noch bis 2020 Zeit hat, umzusteuern, wird die Kohleverfeuerung wirtschaftlich bis 2060 zementiert.

Diese Politik führt sich selbst ad Absurdum. Diese Politik muss bekämpft werden.

 

Klima konkret:

Einstieg in das Transeuropäische Stromnetz

Wir fordern die Landesregierung auf, der Blockadehaltung der Stromnetzbetreiber in Schleswig-Holstein entgegenzutreten. Wir brauchen starke Netze, um die riesigen Potentiale regenerativer Erzeugung großräumig zu erschließen. Wir brauchen intelligente Netzsteuerung, um dezentrale effiziente und regenerative Erzeugung für die Versorgung mit Strom optimal nutzbar zu machen. Wir brauchen einen schnellen Ausbau der Übertragungsnetze als Erdkabel, anstatt jahrzehntelange Verzögerung durch Freileitungsplanungen, die nur gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzbar wären.

Wir setzen uns dafür ein, die früheren Planungen (Viking-Kabel) für eine Hochspannungs-Leitung nach Norwegen als ersten Bestandteil des künftigen transeuropäischen Stromnetzes wieder aufzunehmen.

Mit dem Zubau von Kohlekraftwerken und dem Weiterbetrieb von Atomkraftwerken schaffen wir die Energiewende nicht. Die Zukunft muss auf dem 100%-igen Einsatz von erneuerbaren Energien aufbauen. Dabei sind wir in Schleswig-Holstein zwar Vorreiter mit einem Anteil von mehr als 30% an der Stromerzeugung. Unsere mittelständischen Erzeuger werden aber von den Energieoligopolen ausgebremst. Allein 2006 haben sie mindestens 10 % weniger Strom klimafreundlich erzeugt, als die Anlagen liefern konnten. Sie wurden einfach wegen mangelnder Netzkapazität vom Netzbetreiber abgeschaltet (so genanntes Erzeugungsmanagement). Deswegen muss das Netz in Schleswig-Holstein schnellstmöglich ausgebaut werden.

Wir haben aber eine gute Möglichkeit, Strom zwischenzuspeichern: Dafür stehen die norwegischen Wasserkraftwerke zur Verfügung. Dazu brauchen wir aber eine leistungsfähige Verbindung nach Norwegen und nicht die derzeit nur schwach ausgebauten Verbindungen ins europäische Ausland. Die Netzausfälle im Münsterland und in Papenburg an der Ems haben deutlich gemacht, dass die derzeitigen Netzbetreiber ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.

Die Wissenschaft hat uns gezeigt, dass mit einem europäischen Verbund eine Vollversorgung Europas mit Strom nur aus regenerativen Quellen möglich ist. Voraussetzung dafür ist die Errichtung eines Netzes von HGÜ-Leitungen (HGÜ = Hochspannungsgleichstromübertragung), mit dem die vorhandenen Netze Europas und seiner Nachbarn verbunden werden.

Eine solche Leitung zwischen Feda in Norwegen und Brunsbüttel in Deutschland wurde schon vor Jahre geplant. Diese Pläne sollten reaktiviert werden und den Anfang für ein transeuropäisches Netz von Schleswig-Holstein aus bilden. Die Europäische Kommission und der Europäische Rat haben ein transeuropäisches Stromnetz als zwingend erforderlich erkannt.

Der Betrieb dieses neuen Netzes muss als öffentliche Infrastruktur im Interesse aller Marktteilnehmer erfolgen. Nur so ist auch ein diskrimierungsfreier Zugang gesichert im Gegensatz zu den Lösungen, die wir heute in Deutschland vorfinden. Die Dänen haben uns vorgemacht, wie Stromnetze zu betreiben sind, um auch mittelständische Energieerzeuger zum Zuge kommen zu lassen.

Wir haben hier in Schleswig-Holstein das Potential für eine 100% regenerative Versorgung. Dies sollten wir jetzt schleunigst durch den Leitungsbau nutzen und unser Land nicht mit neuen Kohlekraftwerken oder alten Atomkraftwerken zupflastern lassen. Die Landesregierung muss endlich Wirtschaftspolitik für unsere mittelständische Wirtschaft machen und nicht für die lokalen Ableger der Energieoligopole.

 

Klima konkret:

Kraft-Wärme-Kopplung anstelle Kohlekraftwerke

Wir fordern die Landesregierung auf, über eine Bundesratsinitiative die praxisfernen Vergütungsregelungen im Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) so anzupassen, dass auch Vermieter oder Eigentümergemeinschaften die Kraft-Wärme-Kopplung sinnvoll einsetzen können.

Gerade bei der anstehenden Heizungsmodernisierung besteht fast immer die Möglichkeit, ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit in den Heizungsraum einzubauen. Das wäre ökologisch sehr sinnvoll, wird aber derzeit durch die umständliche Abrechnungspraxis verhindert. Der Vermieter muss den erzeugten Strom an alle Hausbewohner verkaufen, sonst rechnet sich für ihn die KWK-Anlage nicht. Hier muss eine Regelung mit Vollabrechnung des erzeugten Stroms über den Netzbetreiber her, die die Kraft-Wärme-Kopplung nicht mehr länger gegenüber den erneuerbaren Energien diskriminiert. Durch viele kleine BHKWs in den Heizungskellern schaffen wir in Verbindung mit den regenerativen Energien einen wirksamen Ersatz für die Großkraftwerke und unterstützen noch das lokale Handwerk.

BHKW-Module lassen sich in Wohngebäuden ab etwa 6 Wohneinheiten wirtschaftlich einsetzen. Ein günstiger Zeitpunkt für die Installation eines BHKW wäre der einer Heizungsmodernisierung. Dennoch finden fast alle Heizungsmodernisierungen in Wohngebäuden unabhängig von der Anzahl der Wohneinheiten ohne die Installation eines BHKW statt.

Das ist darauf zurück zu führen, dass Hausverwaltungen und Vermieter vor der komplizierten Art der Stromabrechnungen mit den Bewohnern zurückschrecken, die sich aus dem KWK-Gesetz in der derzeitigen Fassung ergeben:

1. Um einen wirtschaftlichen Betrieb eines BHKW zu gewährleisten, müssen Hausverwaltungen / Vermieter gegenüber den Bewohnern als Stromlieferanten auftreten. Sie müssen möglichst alle Bewohner bewegen, den Vertrag mit ihrem bisherigen Stromanbieter zu kündigen und zukünftig den Strom von der Hausverwaltung / dem Vermieter zu beziehen.

2. Daraus ergibt sich, dass Hausverwaltungen / Vermieter jährlich Stromabrechnungen an die Bewohner verschicken müssen, zuzüglich des Aufwandes, den eventuelle säumige Zahler unter den Bewohnern verursachen.

3. Da zur Versorgung eines Wohngebäudes außerdem Strom aus dem Netz benötigt wird, müssen Hausverwaltungen / Vermieter darüber hinaus als Stromeinkäufer gegenüber dem Netzbetreiber (oder einem anderen Stromanbieter) auftreten.

Zahlreiche Fälle aus der Beratungspraxis (Energieberatung bei der Verbraucherzentrale Hamburg) zeigen, dass Hausverwaltungen / Vermieter durch die sich daraus ergebenden Belastungen daran gehindert werden, im Zuge von Heizungsmodernisierungen BHKW installieren zu lassen, obwohl sie (ab etwa 6 Wohneinheiten) wirtschaftlich zu betreiben wären.

Die Notwendigkeit, aus wirtschaftlichen Gründen so zu verfahren, wie oben beschrieben, ergibt sich aus der Struktur des KWK-Gesetzes in der derzeitigen Fassung: Es sieht relativ niedrige Vergütungssätze für den ins Netz eingespeisten BHKW-Strom vor, so dass sich eine Wirtschaftlichkeit daraus ergibt, dass der BHKW-Strom vorrangig in dem Gebäude verbraucht wird, in dem er erzeugt wird. Die auf diese Weise eingesparten Strombezugskosten sind erheblich höher, als die Vergütung für den ins Netz eingespeisten BHKW-Strom. Anders formuliert: Die Wirtschaftlichkeit eines BHKW verbessert sich, wenn der Betreiber möglichst viel Strom (für beispielsweise 0,17 €/kWh) an die Bewohner verkaufen kann und möglichst wenig Strom (für beispielsweise 0,08 - 0,10 €/kWh) ins Netz einspeisen muss.

Würde nun das KWK-Gesetz in der Weise geändert, dass

1. die Vergütung für den ins Netz eingespeisten KWK-Strom auf einen festen Satz angehoben wird,

2. grundsätzlich die Einspeisung des gesamten erzeugten KWK-Stroms ins Netz vorgesehen wird (nach dem Vorbild des EEG),

würden die oben beschriebenen Hemmnisse für Hausverwaltungen / Vermieter entfallen. Für Installationen von BHKW in Wohngebäuden wären dann ausschließlich wirtschaftliche Aspekte entscheidend. Dadurch würden die KWK und die Dezentralisierung der Stromversorgung einen erheblichen Schritt weiter gebracht.

Insgesamt könnte eine Anhebung der KWK-Vergütung in Kombination mit einer Einspeisung des gesamten erzeugten KWK-Stroms ins Netz in etwa kostenneutral sowohl für die BHKW-Betreiber als auch für die Netzbetreiber erfolgen. Zwar müssten die Netzbetreiber den KWK-Strom höher vergüten, hätten zum Ausgleich jedoch keine Einbußen bei der Stromlieferung an die Bewohner.

Nach der geltenden Regelung ergibt sich für die BHKW-Betreiber ein Mischpreis aus dem an Bewohner verkauften und dem eingespeisten Strom. Etwa in der Höhe dieses Mischpreises müsste aus Sicht der BHKW-Betreiber die zukünftige Einspeisevergütung liegen.

Welche Höhe einer neuen Einspeisevergütung (schätzungsweise etwa 13 - 15 Cent/kWh) zu Kostenneutralität auf beiden Seiten (BHKW- und Netzbetreiber) führt, muss den Berechnungen von Experten überlassen werden.

Dabei kann Kostenneutralität (im Vergleich zur derzeitigen Regelung) natürlich nicht in jedem Einzelfall gewährleistet werden, sondern nur für die BHKW- und Netzbetreiber insgesamt.

 

Klima konkret:

Wärmetechnische Sanierung im Gebäudebestand

Neben finanziellen Anreizen sollen weitergehende gesetzliche Regeln für die Umsetzung der energetischen Gebäudesanierung erlassen werden. Die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) sind mindestens auf den heutigen Standard KfW 40 zu verschärfen. Für den Gebäudebestand ist ein mittelfristiges Sanierungsziel auf dem Niveau unter dem heutigen EnEV-Verbrauchsniveau (- 30 %) verbindlich festzulegen.

Um Fehlentwicklungen wie bei der Eigenheimzulage ("Zersiedlungsprämie")zu vermeiden, sind Förderprogramme dort zu konzentrieren, wo es mit einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung vereinbar ist. Dies sind insbesondere Zentralorte, die eine räumliche Integration von Arbeit, Wohnen und Freizeit sowie nahe Versorgungseinrichtungen ermöglichen.

Darüber hinaus sind Regelungen mit folgender Zielsetzung zu treffen: Die einfache Mehrheit der Mieter kann von ihrem Vermieter verlangen, das Gebäude energetisch sanieren zu lassen. Die Kosten der Sanierung kann der Vermieter über zehn Jahre auf die Kaltmiete umlegen, dabei darf die gestiegene Kaltmiete die Einsparungen bei den Nebenkosten jedoch nicht überschreiten. Das Energieministerium des Landes stellt unabhängige und zertifizierte Energieberater zu einem geringen Beratungspreis zur Verfügung, die Sanierungsvorschläge machen und Kostenvoranschläge erstellen.

Die energetischen Aufwendungen für die Beheizung von Wohnungen, Freizeitstätten, Arbeitsstätten sowie öffentlichen Gebäuden machen ca. 50 % der gesamten Endenergieaufwendungen im Land aus. Schlüssel zur langfristigen Reduzierung dieses Verbrauches ist die energieeffiziente Instandsetzung der Gebäudehüllen. Eine hochwärmedämmende Hülle führt zu einem sparsamen Umgang auch mit regenerativen Energieträgern und eröffnet den effektiven Einsatz oberflächennaher Geothermie. Maßnahmen zur Verbesserung der Heiztechnik oder der Einsatz regenerativer Energieträger sind nur Teil möglicher Maßnahmen und können kurz- und mittelfristig als erster Schritt zu einer nachhaltigen Sanierung angesehen werden. Entscheidend für einen sparsamen Umgang mit Ressourcen ist die Senkung des Energieverbrauchs der Gebäude als solcher mit sehr niedrigen Transmissionswärmeverlusten.

Der Heizenergiebedarf ist nur ein Teil des gesamten Energieverbrauches. Der motorisierte Individualverkehr macht einen weiteren großen Anteil aus. Es muss vermieden werden, dass staatliche Förderung dazu führt, Zersiedlung und Verkehr zu verstetigen. Die Konzentration der Siedlungsentwicklung auf Zentralorte ist nicht nur aus klimapolitischen Gründen sinnvoll, sondern auch wegen der gesellschaftlichen und sozialen Komponente. Zersiedelung darf nicht staatlich gefördert werden.

Mieter brauchen als letztliche Finanzierer der von ihnen genutzten Immobilie mehr Rechte in Fragen der Bewirtschaftung. Ihnen muss das Recht zur Durchsetzung rentierlicher Investitionen gegeben werden, wenn große Abweichungen vom Standard vorliegen. Der Druck des freien Marktes allein durch Fluktuation der Mieter und deren Wahlfreiheit beim Aussuchen des Mietobjektes reicht nicht aus.